Offenheit bringt Veränderung

Foto: leuphana.de

JKU-Professor THOMAS GEGENHUBER ist überzeugt: Es braucht eine transformationswillige Community. Wir seien alle füreinander verantwortlich, um gemeinsam eine nachhaltige Gesellschaft zu erreichen. Und demnach auch alle gefordert, ins Tun zu kommen.

BARBARA JANY Wann sprechen Sie von Transformation?

THOMAS GEGENHUBER Transformation braucht eine Bewegung auf Makroebene – also in der Politik, der Gesellschaft, auf der Werteebene – und neue Ideen, die aus der Nische heraus entstehen. Also eine Kombination von Top-down und Bottom-up. Das wird zwar oft gegeneinander ausgespielt, ist aber ein „Sowohl – als auch“. Jeder Sektor hat Stärken und Schwächen: Während die Zivilgesellschaft schnell ist, ist die Politik, man denke an Gesetzgebungsprozesse, eher langsam. Wir müssen beide jeweiligen Stärken nützen: Von lokalen Initiativen kann man lernen, die Politik kann die Ressourcen zur Verfügung stellen, um einer lokalen Idee darüber hinaus Wirkung zu verleihen. Am Sustainable Transformation Management Lab beschäftigen wir uns damit, wie wir die Stärken der Sektoren nutzen können, um durch kollektives Handeln mehr zu erreichen. Dazu braucht es eine transformationswillige Community.

Wie kann so eine Community entstehen?

Indem Menschen über die Sektoren hinweg zusammengebracht werden. Da bespricht man zum Beispiel Ideen mit Sozialunternehmen oder mit Kunst und Kultur. Dann entsteht eine Energie im Sinne von: Cool, dass das passiert! Und man sieht, es gibt auch andere mit ähnlichen Interessen. Es ist also wichtig, die Entscheider:innen von Anfang an mitzunehmen. Und es braucht Formate, um auf Augenhöhe zu arbeiten. Das bringt aber Herausforderungen, wie die Frage: Bin ich im Alltag dann wieder per Sie?

Worauf kommt es noch an?

Wichtig ist es, Normen und Werte des Veränderungsprojektes zu definieren. Oft verliert man das Ziel aus den Augen und so werden es Selbstbeschäftigungsprojekte. Auch wichtig: Besser es passiert etwas Unperfektes als es passiert nichts. Der Erkenntnisprozess erfolgt übers Tun. Ohne Tun keine Erkenntnis. Das kann man nur übers Framing steuern. Offene Prozesse mit konkreten Herausforderungen gestalten, damit klar ist: Es geht ums Handeln und nicht nur ums Reden. Und es braucht das Commitment, Ressourcen bereitzustellen.

Wann ist Open Innovation erfolgreich?

Das ist gut für größere Prozesse, um Leute auf einen Wandel mitzunehmen. Offenheit funktioniert aber nicht immer. Vor allem kann es gutes Management nicht ersetzen.

Was treibt aus Ihrer Sicht momentan Transformation in Unternehmen und in der Gesellschaft an?

Gefühlt nehmen momentan die Krisen zu. Corona, Klima, Krieg: Damit gibt es wenig Business as usual. Dazu noch der Arbeitskräftemangel, jüngere Generationen mit anderem Bild von Arbeit, die Digitalisierung, …

Was also tun, bei solch großen und multiplen Herausforderungen?

Den Kopf in den Sand zu stecken, ist der Anfang vom Ende. Natürlich ist bei zu vielen Krisen gleichzeitig eine gewisse Schockstarre verständlich. Dennoch sollten wir überlegen, wie wir krisenresilienter sein können, um als Organisation das zu tun, was in unserer Macht steht. Das führt aber immer zur Frage: Wie gehe ich selbst mit Krisen um?



THOMAS GEGENHUBER leitet seit September 2021 den Lehrstuhl „Managing Socio-Technical Transitions“ am LIT Social Transformation Lab an der JKU Linz. Der Betriebswirt ist zudem Visiting Researcher an der Leuphana Universität Lüneburg.

Das Social Transformation Lab erforscht nachhaltige Transformation wie Open Social Innovation sowie digitale Transformation, die Möglichkeiten neuer Formen der Organisation über digitale Plattformen im Fokus hat.

 

 

Bild: Claudia Scheba

Open Social Innovation in der Praxis

Mit „Update Social OÖ“ initiiert das Sustainable Transformation Management Lab, gemeinsam mit der Volkshilfe OÖ, derzeit einen offenen und partizipativen sozialen Innovationsprozess in OÖ.

Dafür werden Menschen aus der Zivilgesellschaft mit Sozialorganisationen, privaten Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung verbunden. Ziel ist es, Lösungen für aktuelle Fragestellungen in Pflege und Betreuung oder sozialem Klimaschutz zu finden:

Wie können wir Digitalisierung in der Pflege nutzen? Wie gelingt es, mehr Menschen für soziale Berufe zu gewinnen? Was tun gegen die Einsamkeit von Angehörigen?

Im April wurden dafür Lösungsansätze in einer offenen Ideenwerkstatt entwickelt, die bis zum Herbst 2023 weiterentwickelt, pilotiert und skaliert werden.

 
 

Dieses Interview wurde im Magazin Inovator Nr. 40, 2023 veröffentlicht.

 
Zurück
Zurück

Auf der Komplexität surfen