Licht, bitte!

Wie es gelingen kann, den Gestaltungsspielraum (wieder) zu erweitern? Durch eigene Maßnahmen oder gut aufbereitete Lösungsvorschläge für die jeweiligen Entscheider:innen. Ein paar Impulse, wie wir selbstwirksam sein können – und wie uns das (Theater-)Spiel dabei unterstützt.

Die Arbeitstage einer Teamleiterin sind so ausgelastet mit Mails, Telefonaten und Besprechungen, dass sie keine Zeit mehr findet, strategisch zu planen und ihre operativen Aufgaben gut umzusetzen. Mitarbeiter:innen im wertschöpfenden Prozess müssen dem System immer mehr Informationen bereitstellen und können ihre Arbeitstage immer weniger selbstbestimmt gestalten.

Was also tun, wenn die Handlungsspielräume immer enger werden? Erstmal: Sich bewusst machen, dass es auch in scheinbar ausweglosen Situationen Ansatzpunkte für Veränderungen gibt. „There is a crack in everything, that´s how the light gets in“, singt Leonard Cohen in „Anthem“. Also gilt es, diesen Riss zu finden, und sei es nur, um wieder klarer zu sehen.

Aktiv werden wollen

Das braucht aber die Gewissheit, tatsächlich etwas verändern zu wollen und dafür selbst aktiv zu werden. Sich nicht in eine Opferrolle drängen zu lassen, sich nicht jammernd den Umständen zu fügen. Da braucht es noch keine Klarheit darüber, was getan werden kann. Das grobe Ziel „So mache ich/machen wir nicht weiter“ genügt.

Und dann braucht es – und das ist nicht immer einfach, gerade in unangenehmen Situationen und stressigen Phasen: Zeit und Geduld. Um die Situation reflektierend besser zu verstehen und das Bild der erwünschten Zukunft zu konkretisieren. Was ist das eigentliche Problem? Welche Grenzen sind tatsächlich unüberwindbar – und wo bestehen sie nur in den Köpfen? Wie wäre es denn ganz konkret in einer idealen Zukunft? Hier hilft der Austausch mit vertrauenswürdigen Menschen in ähnlichen Rollen, mit der Führungskraft und möglicherweise mit Coaches und externen Begleiter:innen.

Sich selbst vertrauen

Nach dieser Reflexion tut oft ein wenig Abstand zum Problem gut. Manchmal sind es nur eine Nacht zum Überschlafen oder ein längerer Spaziergang, die Klarheit schaffen und neue Blickwinkel ermöglichen.
Erste Lösungsansätze ergeben sich in diesem Prozess meist wie von selbst. Die Teamleiterin erkennt, dass sie sich ganz gern in operativen Tätigkeiten verzettelt, die sie stattdessen gut delegieren kann. Gemeinsam mit Kolleg:innen findet sie Ansatzpunkte für effizientere Besprechungsstrukturen. Die Mitarbeiter:innen im wertschöpfenden Prozess machen sich auf die Suche nach hilfreiche(re)n digitalen Tools, die den Dokumentationsaufwand verringern, und schlagen sie den jeweiligen Entscheider:innen vor.

Weniger ist mehr

Diese Lösungsansätze gilt es dann abzuwägen und zu konkretisieren. Gangbare Schritte zu definieren und Prioritäten zu setzen. Lieber ein paar wenige Maßnahmen planen und dabei den nächsten Schritt konkretisieren. Denn der Alltag frisst ambitionierte Ideen nur allzu gerne auf. Bei größeren Veränderungen kann es durchaus wertvoll sein, nochmals sehr kritisch zu reflektieren und mögliche Fallstricke auszumachen.

Ist die Entscheidung getroffen tätig zu werden, gilt es, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Und aufmerksam zu sein, um begünstigende Faktoren zu erkennen. Wann hat der/die Entscheider:in die nötige Ruhe, um sich das erarbeitete Konzept anzuhören? Wann und wo spreche ich mit dem/der Mitarbeiter:in über die Aufgaben, die ich an ihn/sie delegieren werde?

Konstruktiv dranbleiben

Leider gelingt es nicht immer, die geplante Maßnahme tatsächlich zu realisieren – auch wenn sie noch so gut vor- und aufbereitet war. Deshalb braucht es, bei einer starken Orientierung am Zielbild, viel Offenheit und Flexibilität. Es ist oft nicht der ursprünglich erdachte Weg zum Ziel, den man dann tatsächlich begeht. Deshalb: Trotz Rückschlägen konstruktiv dranbleiben, vielleicht kurz innehalten, hinsehen, nachdenken, den nächsten Schritt definieren und weitergehen.

 

Im gemeinsamen Spiel Lösungen finden

Es ist ungewohnt, schräg, braucht viel Mut – und hilft dennoch meist sehr, Klarheit zu erlangen: zur Analyse von Situationen und Lösungsfindung szenische Methoden einzusetzen. Die spielerische Herangehensweise befreit und ermöglicht es, ganz neue Perspektiven auf Probleme zu entwickeln. Oft ist es auch erleichternd, gemeinsam über eine belastende Situation zu lachen. Humor schafft Distanz zum Schwierigen.

Eine der vielen Formen der Szenenarbeit ist das Forumtheater, das Augusto Boal entwickelt hat. Eine Gruppe entwirft dafür gemeinsam eine kleine Theaterszene, in der sie ihr konkretes Problem thematisiert. Es darf zugespitzt sein, real oder fiktiv. Die Story wird entwickelt, die Rollen verteilt. Nun wird die Szene vor den weiteren Teilnehmer:innen gespielt.

Die Zuseher:innen überlegen indes: Welche der Figuren im Stück könnte was tun oder sagen, um die Situation zu verändern und zu verbessern? Danach wird die Szene erneut gespielt. Sobald die Situation eintritt, in der eine:r der Zuseher:innen eine Idee einbringen kann, wird die Szene gestoppt. Der/die Zuseher:in löst den/die bisherige Spieler:in der Rolle ab und probiert aus. Die Szene läuft weiter, bis die/der nächste Zuseher:in eine Idee einbringen kann. Abschließend werden die Wirkungen der Interventionen gemeinsam reflektiert und analysiert.

Dieser Artikel ist im Magazin Inovator Nr. 41 (2023) erschienen.

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